Gedichtanalyse Abschied Joseph von Eichendorff

Joseph von Eichendorffs Gedicht „Abschied“, verfasst im Jahr 1810, ist ein exemplarisches Werk der Romantik, das die tiefe Verbundenheit des lyrischen Ichs mit der Natur und die damit verbundene Sehnsucht thematisiert. Das Gedicht besteht aus vier Strophen mit jeweils acht Versen und folgt einem regelmäßigen Kreuzreim (ababcdcdefefghgh). Die Metrik ist durchgehend dreihebiger Jambus, was dem Gedicht einen harmonischen und fließenden Rhythmus verleiht.

In der ersten Strophe wendet sich das lyrische Ich direkt an die Natur und hebt deren Schönheit hervor: „O Täler weit, o Höhen, / O schöner, grüner Wald“. Durch die Anapher „O“ und die direkte Anrede wird eine feierliche Stimmung erzeugt. Die Natur wird als Ort der Ruhe und Einkehr dargestellt, im Gegensatz zur „geschäft’gen Welt“ draußen, die als hektisch und betrügerisch empfunden wird. Das „grüne Zelt“ symbolisiert dabei den schützenden Raum der Natur, der dem lyrischen Ich Geborgenheit bietet.

Die zweite Strophe beschreibt den Morgen im Wald. Die erwachende Natur mit „dampfender“ Erde und „lustig schlagenden“ Vögeln vermittelt ein Bild von Lebendigkeit und Erneuerung. Das lyrische Ich empfindet dabei eine tiefe innere Freude, die das „trübe Erdenleid“ vergessen lässt. Hier wird die Natur als Quelle der Erneuerung und des Trostes dargestellt.

In der dritten Strophe entdeckt das lyrische Ich im Wald eine Inschrift: „Da steht im Wald geschrieben / Ein stilles, ernstes Wort / Von rechtem Tun und Lieben“. Diese Worte führen zu einer inneren Erkenntnis und Klarheit. Die Natur wird hier zum Lehrer und Weisheitsbringer, der dem Menschen moralische Einsichten vermittelt.

Die vierte Strophe thematisiert den bevorstehenden Abschied des lyrischen Ichs vom Wald. Es plant, in die „buntbewegten Gassen“ der Stadt zurückzukehren und das „Schauspiel des Lebens“ zu betrachten. Dennoch bleibt die Verbindung zur Natur bestehen, und die im Wald gewonnenen Einsichten werden das lyrische Ich auch in der Fremde begleiten: „Und mitten in dem Leben / Wird deines Ernsts Gewalt / Mich Einsamen erheben, / So wird mein Herz nicht alt.“

Eichendorff nutzt in diesem Gedicht typische Motive der Romantik, wie die Sehnsucht nach der Natur, die Gegenüberstellung von Natur und Zivilisation sowie die Suche nach innerer Erkenntnis. Die harmonische Form und die bildhafte Sprache unterstreichen die tiefe emotionale Bindung des lyrischen Ichs zur Natur und dessen Bedauern über den Abschied von ihr.

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